Afrikalinguistische Feldforschung
Auf dem afrikanischen Kontinent werden an die 2000 Sprachen gesprochen, von denen viele noch nicht einmal in ihren elementaren Grundstrukturen beschrieben sind. Auch viele der bekannteren Sprachen Afrikas sind nur lückenhaft erforscht. Um hier solide Grundlagen sowohl für die Sprachtypologie und den Sprachvergleich als auch für die Erforschung von afrikanischer Geschichte, Kultur und Literatur zu liefern, besteht eine zentrale Aufgabe der Afrikanistik darin, die afrikanischen Sprachen aus den Kategorien ihrer eigenen lexikalischen und grammatischen Strukturen heraus zu beschreiben und im Gefüge ihrer gesellschaftlichen, kulturellen und historischen Bedingungen und Gebrauchsweisen zu analysieren. Dies kann nur in Kooperation mit den Sprachgemeinschaften vor Ort selbst und mit staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen der jeweiligen Zielländer geschehen. Feldforschungen sind daher elementarer Bestandteil der Arbeit von Afrikanist*innen.
Neben der großen intellektuellen Herausforderung und dem Reiz der interkulturellen Begegnung können Feldforschungsaufenthalte aber auch große Belastungen für die Forschenden darstellen, weil sie sich —wochen– oder monatelang von Familie und Freunden getrennt — in einem ungewohnten Umfeld zurechtfinden müssen.
Während einer Feldforschung arbeiten Afrikanist*innen zusammen mit den Sprecher*innen der Zielsprache. Bei Projekten, die auf die Erstbeschreibung einer afrikanischen Sprache abzielen, werden zunächst mithilfe von Wortlisten, Fragebögen und Stimuli wie Bildern und Videos einzelne Wörter, Phrasen und Sätze erfragt, d.h. durch eine Mittlersprache, meist eine der größeren afrikanischen Verkehrssprachen wie z.B. Swahili, Hausa oder Amharisch oder durch eine der ehemaligen Kolonialsprachen übersetzt und aufgenommen. Nach dieser Einstiegsphase steht aber schon bald die natürliche Sprachverwendung im Mittelpunkt. Dann werden Erzählungen und Konversationen in möglichst breiter Streuung sowohl im Alltag als auch bei besonderen zeremoniellen Anlässen aufgenommen und später — in enger und intensiver Zusammenarbeit mit einzelnen muttersprachlichen Mitarbeiter*innen transkribiert und übersetzt.
Jenseits der Primärbeschreibung afrikanischer Sprachen zielen Feldforschungen der Abteilung z.B. ab auf die Kommunikationsstrategien bei Gerichtsverhandlungen am Hof des Fon („Oberhaupt“) von Mmen und bei den Inaugurationsreden des Fon von Esu (Kamerun), auf die orale Literatur der Iraqw und Datooga (Tanzania) oder auf die alltägliche mehrsprachige Praxis Jugendlicher in verschiedenen afrikanischen Städten wie Ngaoundéré (Kamerun), Ibadan (Nigeria) und Dar es Salaam (Tanzania).
Feldforschungsaufenthalte sind Phasen sehr intensiver Arbeit, da die Zeit am Zielort stets deutlich begrenzt ist und es nicht nur darum geht, die Datenaufnahme zu maximieren. Ebenso wichtig ist es, die Qualität dieser Daten dadurch abzusichern, dass bereits vor Ort mit der Analyse und Auswertung begonnen wird.
In diesem Teil der Ausstellung stellen Mitglieder des Instituts ihre aktuellen Forschungsgebiete vor, sowie Objekte, auf die sie in der entbehrungsreichen Zeit „im Feld“ nicht verzichten möchten. Auch zeigen wir Dinge, die wir als Erinnerungsstücke aus „dem Feld“ zurückbringen.