COBHUNI
Contemporary Bioethics and the History of the Unborn in Islam (ERC Consolidator Grant)
Laufzeit: 2015-2021
Das Projekt analysierte, wie sich die Vorstellungen von vorgeburtlichem Leben im Lauf islamischer Geschichte entwickelten.
Mitarbeiter: Doru Doroftei, Khaoula Trad, Florian Jäckel, Melanie Guénon, Alicia Gonzalez, Tilman Josua, Jenny Brakel, Tatiana Samorodova, Julia Rössing, Luisa Neumann,
Publikationen:
Doru Doroftei, "When the Angel infuses the Soul... Some aspects of Jewish and Christian embryology in the cultural context of Late Antiquity", Judaica. Beiträge zum Verstehen des Judentums, 74, Heft 1-2 (März Juni 2018): 23-68.
Dieser Artikel analysiert die Tradition des seeleneinhauchenden Engels in vorislamischen biblischen Traditionen. Es wird gezeigt, dass das Motiv in der spätantiken religiösen und kulturellen Landschaft weit verbreitet war. Da es mit apokalyptischem Denken verbunden war, scheint es in sich entwickelnden „orthodoxen“ Kreisen des Christentums wie auch des rabbinischen Judentums zunehmend zurückhaltend bewertet worden zu sein.
Thomas Eich / Doru Doftei, Adam und Embryo. Ein Beitrag zur Erforschung der Adamsgeschichte in jüdischen, christlichen und islamischen Texten bis zum Ende des ersten Jahrtausends. Baden Baden 2023.
Das Buch analysiert kritisch die Idee, im Korantext des 7. Jahrhunderts fänden sich Passagen, die damalige medizinische Ideen von der Entstehung der Menschen durch Schwangerschaft reflektieren. Es zeigt sich, dass der Koran diesbezüglich auf ein reiches Erbe an Motiven zurückgreift, wobei sich eine aus jüdisch-palästinensischen Texten des 6. Jahrhunderts bekannte Vorstellung als zentral erweist: das Wachstum eines jeden Embryos laufe so ab, wie Gott den ersten Menschen erschaffen habe. Das Bild von „Adam und Embryo“ begleitete die frühislamische Geistesgeschichte noch über mehrere Jahrhunderte, bevor es allmählich in Vergessenheit geriet.
Thomas Eich, "Patterns in the history of the commentation on the so-called ḥadīth Ibn Masʿūd", Journal of Arabic and Islamic Studies, 18 (2018): 137-162
Der Artikel analysiert den so genannten Ibn Mas'ud Hadith auf zwei Ebenen, einerseits dem überlieferten Wortlaut und andererseits der Kommentierung des Hadith seit dem 10. Jahrhundert. Erstens wird gezeigt, dass sich der exakte Wortlaut des Hadith in der Überlieferung sich weiterhin veränderte auch nachdem das Material in den Hadith Sammlungen eigentlich eine Stabilisierung erfahren hatte. Es kann gezeigt werden, dass diese Veränderungen im Wortlaut Diskussionen reflektierten, die in den Kommentaren dokumentiert sind. Die Beispiele zeigen also, dass nicht immer eine klare Trennung zwischen Hadith-Text und Kommentierungen auf diesen Text existierte. Zweitens bietet die diachrone Analyse Material für eine nuancierte Einschätzung, in wie weit bedeutende Kommentatoren wie Nawawi und Ibn Hajar al-Asqalani nachfolgende Generationen von Kommentaren beeinflussten. Drittes wird gezeigt, wie die Kommentare seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen signifikanten Wandel durchliefen, der durch die damalige Ausbreitung basalen medizinischen Wissens verursacht wurde.
Thomas Eich, "The term nasama in ḥadīth with a focus on material about predestination and the unborn." In: Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, 108 (2018): 21-47.
Dieser Artikel analysiert die Verwendung des Terminus nasama in hadith-Material, vor allem in zwei Hadithen, die durch Abd Allah b. Umar und Anas b. Malik überliefert wurden und einen Besuch eines Engels beim Ungeborenen beschreiben. Es wird gezeigt, dass die exakte Bedeutung von nasama uneindeutig war und auch die Idee ausdrücken konnte, dass alle Seelen vor der Zeit erschaffen worden seien. Diese Idee war umstritten und das hadith Material durchlief Veränderungen, so dass nasama eindeutig eine Erschaffung / Entstehung in der Zeit referenzierte.
Thomas Eich, "Zur Abtreibung in frühislamischen Texten", Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, 170:2 (2020): 345-361
Dieser Artikel analysiert Zugänge zur Abtreibungsfrage in Hadith-Sammlungen des 8. bis 10. Jahrhunderts. Drei Zugänge können identifiziert werden, ein „gradualistischer“, ein „binärer“ und ein „Sühne-Zugang. Im späteren sunnitischen fiqh hatte ersterer keinen bleibenden Effekt und die zwei letzteren wurden miteinander verschmolzen. Die schiitischen Sammlungen seit dem 10. Jahrhundert zeigen einen Schwerpunkt auf dem gradualistischen Ansatz. Weiterhi wird argumentiert, dass dieses Material im größeren Zusammenhang von Beseelungsdebatten der Spätantike verortet werden können. Auch zeigt sich, dass die später im sunnitischen Diskurs dominierende Annahme einer Beseelung am 120. Tag in den analysierten Texten des keine Rolle spielte.
Thomas Eich „The topos of the unborn in early Islamic predestination debates: A study of the ḥadīth of Ḥudhayfa b. Asīd in Ṣaḥīḥ Muslim”, Rocznik Orientalistyczny/Yearbook of Oriental Studies, LXXIV (2021), S.5-57.
Dieser Artikel gibt eine isnad-cum-matn Analyse vno einem Hadith, der von Hudhayfa Ibn Asid überliefert wrude. Darin wird beschrieben, wie ein Engel das Ungeborene im Mutterleib besucht und eine Vorherbestimmung mehrerer Dinge im späteren Leben dieses noch Ungeborenen erfolgt. Der Hadith hat eine prominente Stellung am Anfang des Kapitels über Vorherbestimmung in der Hadith Sammlung von Muslim. Es wird gezeigt, wie das Arrangement des Materials an dieser Stelle den Effekt hatte, eine Debatte zu beenden, ob das Schicksal eines jeden im Jenseits vorherbestimmt sei.
Melanie Guénon, Wunderhafte Embryos. Moderne Naturwissenschaft und ungeborenes Leben im Islam. Baden Baden 2024.
In dieser Studie werden im späten 20. Jahrhundert verfasste, aus dem Koran abgeleitete Darstellungen embryonaler Entwicklung, die zu einem naturwissenschaftlichen Wunder erklärt werden, analysiert. Dieser Ansatz zur Harmonisierung von religiösem und naturwissenschaftlichem Wissen wurde bisher lediglich als Randphänomen bewertet. Am Beispiel der Interpretation von ʿAbd al Maǧīd az Zindānī wird nun die Perspektive auf diesen spezifischen Ansatz der Koranauslegung erweitert. Die erstmalige Analyse der Inhalte sowie zugrundeliegender Prozesse und Strukturen in der Tätigkeit des Autors macht auf die aktivistischen Verbindungen von moderner Naturwissenschaft und der islamischen daʿwa sowie der islamischen Bioethik aufmerksam.
Melanie Guénon, "ʿAbd al-Majīd al-Zindānī’s iʿjāz ʿilmī Approach : Embryonic Development in Q. 23:12–14 as a Scientific Miracle." In: Journal of Qur’anic Studies, 21.3 (2019): 32-56.
Dieser Artikel fokussierte die zeitgenössische naturwissenschaftliche Koranexegese. Im Zentrum steht Abd al-Majid al-Zindani und sein einzigartiges Modell embryologischer Entwicklung, das er aus Koran 23:12-14 herleitete. Anders als die weithin islamische Exegese, die aus der Stelle herleitet, die drei Stufen dieser Entwicklung fänden in 120 Tagen statt, postuliert Zindani, dies geschehe in 40 Tagen. Es wird gezeigt, dass Zindani diese Sichtweise seit den 1980er Jahren erfolgreich weltweit verbreitet hat.
Florian Jäckel, „Wenn wir sagen, dass der Tropfen Mensch wird“. Vorstellungen ungeborenen Lebens bei Bar ʿEbrāyā (1226–1286 n. Chr.). Baden Baden 2022.
Zum Buch: Vorstellungen des Ungeborenen finden sich seit der Antike in medizinischen, philosophischen und theologischen Texten. Die bisherige Forschung untersucht Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Vorstellungen in verschiedenen gelehrten und religiösen Kontexten, weist allerdings für die syrisch-christliche Literatur eine Leerstelle auf. Dieses Buch stellt einen grundlegenden Beitrag zum Schließen dieser Lücke und zur transkulturellen Philosophiegeschichte dar. Es untersucht mehrere wichtige Werke des bedeutenden Universalgelehrten Bar ʿEbrāyā und zeichnet dessen literarische Bearbeitung griechisch-philosophischer, christlicher und islamischer Vorlagen zu einer eigenständigen „embryologischen Synthese“ nach.
Florian Jäckel, "Re-negotiating interconfessional boundaries through intertextuality : The Unborn in the Kṯāḇā ḏ-Huddāyē of Barhebraeus (d. 1286)." In: Medieval Encounters, 26.2 (2020): 95-127.
Dieser Artikel analysiert das Ktaba d-Hudaye, ein juristisches Werk von Barhebraeus, auf seine intertextuellen Strategien hin. Es wird gezeigt, dass juristische Kompendien muslimischer Gelehrter wie al-Ghazali und al-Quduri sowie Texte der christlichen Tradition verarbeitet wurden. Es wird argumentiert, dass dieser Vorgang als eine Neuverhandlung der Identität einer christlichen Gemeinschaft in einem islamischen Umfeld gelesen werden kann. Zwei Abhandlungen zu ungeborenem Leben und Schwangerschaftsabbruch dienen dabei als Fallbeispiele.
Die Studie analysiert die Konzeptualisierung vorgeburtlichen Lebens im islamischen Westen, insbesondere in der mittelalterlichen Andalusi und Maghribi Hermeneutik. Dabei konzentriert sie sich auf die von Abū Bakr Ibn al-'Arabī und Qāḍī 'Iyāḍ entwickelten Ideen, die sich auf embryonale Passagen in Koranversen und ḥadīthen stützen. Im Rahmen einer Einordnung dieser beiden Gelehrten in ihre geographischen, historischen und intellektuellen Kontexte werden die Quellen ihrer jeweiligen embryologischen Ansätze untersucht und miteinander verglichen. Schließlich zeichnet die Studie die Verbreitung der untersuchten Konzepte sowie deren Einfluss auf die Gelehrtenmilieus des islamischen Westens nach.
Khaoula Trad, "The Impact of Maghribi Ḥadīth Commentaries on the Mashriq." Maribel Fierro und Mayte Penelas (eds.): The Maghrib in the Mashriq. Knowledge, Travel and Identity. Berlin & Boston 2021: 213–236.
Dieser Artikel gibt einen diachronen Überblick über die Einführung von Hadith Sammlungen im Maghreb sowie die fundamentale Bedeutung dieser Region für die Entwicklung des Genres der Hadith Kommentare. Im Fokus steht dabei die Hadith Sammlung von Muslim.
Tools
The COBHUNI tools for computational linguistics
In this section, you can find information about and links to differnet computational linguistic tools that are developed by the COBHUNI project team in the course of the ERC project until 2020.
2016:
Wiki to json export
Python program for exporting OCRed and post-corrected texts from the COBHUNI wiki and converting them into json format by Dr. Alicia Gonzalez
Links:
https://gitlab.com/alrazi/wiki_export/
https://github.com/cobhuni/wiki_export
Initial XMI converter
Java program to convert json files from the COBHUNI Corpus into xmi format in order to prepare them for the annotation in WebAnno by Dr. Alicia Gonzalez
Links:
https://gitlab.com/alrazi/ini_xmiconverter
https://github.com/cobhuni/ini_xmiconverter
2017:
Pepper Module for COBHUNI
Custom JSON Importer from COBHUNI Corpus into Annis by Dr. Alicia Gonzalez
Links:
https://gitlab.com/alrazi/pepperModules-CUBHUNIModules
https://github.com/cobhuni/pepperModules-CUBHUNIModules
XMI to JSON converter
Java program to convert xmi files to JSON for data in the COBHUNI Project. by Dr. Alicia Gonzalez
Links:
https://gitlab.com/alrazi/jsonxmihandler
https://github.com/cobhuni/jsonxmihandler
Errors fixer
Python project for fixing typos annotated in WebAnno for COBHUNI Corpus and adjusting all offset annotations by Dr. Alicia Gonzalez
Links:
https://gitlab.com/alrazi/errors_fixer
https://github.com/cobhuni/errors_fixer
Expand data
Creates COBHUNI Corpus with metadata, tokenized text and annotations in JSON format by Dr. Alicia Gonzalez
Links:
https://gitlab.com/alrazi/expand_data
https://github.com/cobhuni/expand_data