Kwaito aus Südafrika mit Zola
Kwaito
Kwaito ist Dance-Musik, die in den frühen 90er Jahren in Südafrika entstanden ist. Komponiert am PC, vereint sie Hip Hop mit Europäischem und US-amerikanischen House und Techno. Module eingängiger Melodien wurden hier um schwere Bässe modelliert, gesprenkelt mit Gesangssequenzen.
Der Begriff kwaito kommt aus dem Afrikaans, wo kwaai “hip” oder “exzellent” bedeutet. In der Jugendsprache iscqamthu (auch: “Tsotsitaal”) verschob sich die Bedeutung zu “rau”, “clever”.
In den ersten Jahren nach dem Ende der Apartheid 1990 befand sich die Jugend des Landes in Euphorie. Die politischen Kämpfe der älteren Generationen waren ausgetragen, die jungen Leute wollten ihre Freiheit genießen und feiern. Kwaito war zugleich Ausdruck dieses Hedonismus und befeuerte ihn gleichermaßen. Die Texte waren nicht politisch, sie bestanden nurmehr aus ein paar sich wiederholenden Phrasen, die die Leute zum Feiern animieren sollten.
Kwaito entstand in den Townships Johannesburgs und basierte zunächst auf Europäischer und US-Amerikanischer House-Musik: die Beats wurden verlangsamt und die Texte in iscqamtu übersetzt. Nach und nach verselbständigte die Musik jedoch. Um die Musik herum entwickelte sich ein ganzer Stil: die Jugendlichen trugen, ihre Idole imitierend, typische Kleidungsstücke, wie zum Beispiel eine Wollmütze, die selbst im heißen Sommer 1995/96 nicht abgelegt wurde. Der in Johannesburg ansässige Radiosender YFM sorgte für die Verbreitung des Kwaito und gab seinen Hörer*innen den Namen Generation Y.
Das Mischen Europäischer Musik mit südafrikanischen Einflüssen symbolisierte eine globale Vernetzung nach der Isolation der Apartheidjahre. Die Texte in iscqamthu schafften gleichzeitig eine Verbindung zur Lebensrealität der Jugendlichen in den Townships. Die Musiker*innen reflektieren in ihren Texten die alltäglichen Probleme der Jugendlichen in den Townships. Die Künstler waren meist männlich und so waren die Texte aus einer männlichen Perspektive verfasst, leider auch oft mit misogynem Einschlag.
Die Stars des Kwaito in den 90er Jahren waren Arthur Mafokate, Boom Shaka, Trompies und Bongo Muffin. Oftmals zitierten diese zeitgenössischen Musiker*innen (süd-)afrikanische Klassiker. Mafokate landete einen Hit mit Kwasa Kwasa, welches zum einen an den kongolesischen Künstler Kanda Bongo Man erinnerte, aber auch den Kwasa Kwasa Tanz aus dem Kongo zitierte. Bongo Muffin ehrte mit seinem Lied Makeba die große Miriam Makeba und sampelte ihren Hit Pata Pata.
Im Jahr 2000 veröffentlichte Zola sein erstes Album namens Umdlwebmbe. Bonginkosi "Zola" Dlamini war den jungen Südafrikanerinnen als Gangster Papa Action aus der Erfolgsserie Yizo Yizo bekannt, welche zum Jahrtausendwechsel in Südafrika Popularität genoss. Seinen Künstlernamen Zola hat er von dem Bezirk in Soweto, in dem er aufwuchs. In seiner Musik fügte er Kwaitobeats, politische Texte und Gospelrefrains zusammen. Das war eine Neuerung, denn der Kwaito war bis dahin von unpolitischen Texten dominiert. Er selbst sagte dazu:
"I didn't know then what I was doing. Little did I know the markets that I was opening. So I had young kids listening to kwaito and I had their brothers listening to Zulu hip-hop and I had mums willing to buy the album because of the gospel song. It was like a family meal - everybody had something to eat."
2005 spielte Zola in einer Nebenrolle in Tsotsi und steuerte den Soundtrack zum Film bei. Der Einflussbereich Zolas beschränkte sich nicht nur auf Schauspielerei und Musik, er moderierte auch eigene Fernsehshows, Zola 7 und Hope with Zola, in denen er Gästen Wünsche erfüllte.
Infobox:
iscqamthu oder Tsotsitaal ist eine bestimmte Art zu sprechen, ein Stylect, der in den 40er Jahren in den Townships Johannesburgs entstanden ist und sich seitdem in alle Teile Südafrikas verbreitet hat. Man bezeichnet es als einen Stylect, weil es keine Sprache ist, wie man sie sich typischerweise vorstellt. Tsotsitaal ist nicht homogen: In Johannesburg basiert es auf entweder auf Zulu oder Sotho, abhängig von der Erstsprache der Sprecher*in. In Durban basiert es auf Zulu und in Kapstadt und East London auf Xhosa. In allen Varietäten werden Wörter neu erfunden, und es gibt Begriffe, die in allen Varianten vorkommen und sie so vereinen. iscqamthu wird in erster Linie von jungen Männern in Städten verwendet. Es bedeutet nicht nur eine Art zu sprechen, sondern auch eine bestimmte Art, sich zu kleiden, bestimmte Musikvorlieben und Lebensentwürfe.
Quellen:
Allen, Lara. 2004. Kwaito versus Crossed-over: Music and identity during South Africa’s rainbow years, 1994-1999. Social dynamics 30,2, 82-111.
Coplan, David B. 2005. God rock Africa: thoughts on politics in popular Black performance in South Africa. African Studies 64,1, 9-27.
Hurst, Ellen. 2016. Metaphor in South African Tsotsitaal. Sociolinguistic studies 10,1-2, 153-175.
Peterson, Bhekizizwe. 2002. Yizo Yizo: reading the swagger in Soweto youth culture. In Trudell, Barbara et. al. Africa’s young majority. University of Edinburgh: Centre of African Studies. 321-342.
Infos zu Zola:
https://www.theguardian.com/film/2006/mar/16/popandrock#article_continue.
https://www.independent.co.uk/arts-entertainment/films/features/zola-the-townships-beating-heart-6103691.html
https://www.sowetanlive.co.za/sundayworld/lifestyle/2018-09-02-zola-7-back-with-new-telly-show/